Aktuelles aus dem VJE


24.03.2020

EuGH Entscheidung zum finnischen Wolfsmanagement

Mit Urteil vom 10. Oktober 2010 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) über ein Ersuchen des obersten finnischen Verwaltungsgerichts (VG) entschieden. Dem finnischen VG liegt die Klage eines Umweltverbandes gegen erteilte Wolfsabschussgenehmigungen vor. Diese hätten nach Auffassung des Verbandes aufgrund des für den Wolf geltenden strengen Artenschutzes nicht erteilt werden dürfen. Die finnischen Richter hatten zur Vorbereitung einer eigenen Entscheidung dem EuGH verschiedene Frage zur Auslegung der Verbots- und Ausnahmetatbestände der FFH-Richtlinie vorgelegt. Diese hat der EuGH nunmehr mit dem Urteil beantwortet, sodass damit zu rechnen ist, dass auch das finnische VG in Kürze sein Urteil zu den Bescheiden sprechen wird. Grundsätzlich geht es in der Entscheidung darum, ob nach der FFH-Richtlinie die streng geschützte Art „Wolf“ per Ausnahmegenehmigung einem Regulierungsmanagement unterworfen werden darf. Dabei war zu beurteilen, ob als Begründung für die „bestandspflegende“ Jagd es bereits ausreicht, dass diese dem Ziel dient, den illegalen Abschuss von Wölfen zu verringern. In seiner Entscheidung unterstreicht der EuGH die Verpflichtung zum Artenschutz für gefährdete und nach der FFH-Richtlinie geschützte Tierarten und verlangt eine sorgfältige Überprüfung, ob die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Tötung auch tatsächlich vorliegen. Bei Ausnahmegenehmigungen sei immer zunächst zu prüfen, ob nicht anderweitige zufriedenstellende Lösung vorhanden ist und die Population der gefährdeten Art trotz der erteilten Ausnahmegenehmigung gleichwohl noch in einem günstigen Erhaltungszustand verweilt. Begründet waren die Abschussgenehmigungen mit einem Bestandspflegeplan, der die Populationsverringerung zur Reduzierung illegaler Wolfsabschüsse, der Verhinderung der Schäden an Hunden und Erhöhung des Sicherheitsgefühls der Bevölkerung vorsah. Insbesondere mit der Begründung der Bestandssicherung durch Verhinderung des illegalen Abschusses durch legalen Abschuss vermochte Finnland vor dem EuGH erkennbar nicht zu überzeugen, zumal das Gericht fehlende behördliche Prüfung rügt, ob im Ergebnis diese Maßnahme nicht noch zusätzliche negative Auswirkungen auf die Population haben. Die Behörde habe hier schlicht nicht ihrer Begründungspflicht genügt und sich insbes. auch nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Maßnahme Auswirkungen auf den günstigen Erhaltungszustand der Art hat. Bei einer Wolfsdichte von 275 bis 310 Individuen für ganz Finnland sei nämlich davon auszugehen, dass dies zu dem jagdjährlichen Abschuss von fast 15 % der Population führe. Zudem sei auch festzustellen, dass bei dem legalen Abschuss vermehrt dominante Rüden geschossen worden seien, was nicht den gemachten Vorgaben entspreche und Zweifel an der wirksamen behördlichen Kontrolle aufkommen lasse.

Anmerkungen:
Die Entscheidung kommt bei genauerer Betrachtung des Sachverhalts eigentlich nicht überraschend. Finnland ist fast so groß wie Deutschland, verfügt über ungleich mehr Fläche mit unberührter Natur bei gerade einmal 5,5 Mio. Einwohnern. Während in Deutschland nunmehr bereits von über 1000 Wölfen ausgegangen werden muss, sind es in Finnland gerade einmal um 300! Diese einem Regulierungsmanagement zu unterwerfen, ohne näher zu prüfen und ohne belegen zu können, dass dies am Ende keine negative Auswirkungen auf den günstigen Erhaltungszustand hat, ist auf dem gerichtlichen Prüfstand schwer zu halten. Zusätzlicher legaler Abschuss, um illegalen Abschuss zu verhindern; auch dies überzeugt nicht ohne weiteres, wenn nicht zumindest überprüft wird, welche Auswirkungen dies auf den Bestand hat. Die Entscheidung verdeutlicht, dass Ausnahmen eben nicht zum Regelfall gemacht werden dürfen. Schon mittelfristig muss demgemäß der Strengschutz für den Wolf entfallen, da dieser in vielen Regionen keine gefährdete Art mehr ist, sodass dann die Wolfspopulation durch ein gesetzlich legitimiertes Regulierungsmanagement in Grenzen gehalten werden kann.


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