Unter gewoehnlichen Umstaenden findet die Mehrzahl aller Jagdgenossenschaftsversammlungen vor Beginn des neuen Jagdjahres statt. Dieses beginnt mit dem 1.April eines Jahres und endet mit dem 31.03. des Folgejahres. In der Genossenschaftsversammlung werden die fuer die Geschaefte der Jagdgenossenschaft wesentlichen Beschluesse getroffen. Dies betrifft insbesondere die Beschlussfassung ueber die Wahl der Mitglieder des sog. Jagdvorstands, der die Genossenschaft nach aussen vertritt, Beschlussfassungen ueber die Auszahlung des sog. Jagdgeldes (Anteil des einzelnen Jagdgenossen am jaehrlichen Jagdpachterlss) und die Verpachtung des Jagdbezirkes an die Jagdpaechter.
Gesetzliche Notvorstandsregelung
Anders, als etwa bei Vereinen oder sonstigen Organisationen, fuehrt der Ablauf der Wahlperiode fuer Mitglieder des Jagdvorstands nicht dazu, dass die Jagdgenossenschaft ueber keinen gesetzlichen Vertreter mehr verfuegt bzw. handlungsunfaehig wird. Denn auch, wenn die Amtszeit des gewaehlten Jagdvorstands abgelaufen ist, so ist die Jagdgenossenschaft als Koerperschaft des oeffentlichen Rechts auch weiterhin gesetzlich vertreten, da Paragraph 9 II S 2 Bundesjagdgesetz fuer diesen Fall bestimmt hat, dass dann eben der Gemeindevorstand als Notvorstand die Geschaefte der Jagdgenossenschaft bis zur Wahl eines neuen Vorstands wahrnimmt. Jagdgenosssenschaften sind keine Genossenschaften im Sinne des Gesetzes ueber Massnahmen im Gesellschafts-,Genossenschafts-, Vereins-,Stiftungs- und Wohnungseigentumsrechts zur Bekaempfung der Auwirkungen der COVID-19-Pandemie. Wegen der bereits bestehenden bundesjagdgesetzlichen Regelung zum gemeindlichen Notvorstand fuer Jagdgenossenschaften existiert auch keine planwidrige Regelungsluecke, die es erlauben wuerde, die Coronabestimmungen zur Vertretung etwa von Vereinen analog auf die Jagdgenossenschaft anzuwenden. In der Praxis funktioniert die Notvorstandsvertretung durch die Gemeinden allgemein unproblematisch. Sollte nach Ablauf der Amtsperiode des gewaehlten Jagdvorstands in Eilfaellen eine Vertretung wirklich erforderlich sein, so erfolgt diese ueber den jeweiligen Gemeinderat bzw. den Buergermeister. Sobald dann wieder Genossenschaftsversammlungen durchgefuehrt werden koennen, ist darauf zu achten, dass die Einladung zur Genossenschaftsversammlung ueber den Gemeinderat bzw. den Buergermeister erfolgt, die Einladung nach den Bekanntmachungsregelungen der jeweiligen Satzung erfolgt und auf der Tagesordnung der Einladung auch der Tagesordnungspunkt - Wahlen
aufgenommen ist. In der Praxis laeuft dies so ab, dass ein Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung zur Versammlung erscheint, die Begruessung vornimmt und sodann zu dem Tagesordnungspunkt - Wahlen uebergegangen wird. Nach erfolgter Neuwahl uebernimmt der gewaehlte Vorstand ab diesem Zeitpunkt die weiteren Amtsgeschaefte.
Jagdvorstand und Notverwaltung
Gem. den Satzungen ist der Jagdvorstand ohnehin befugt, in allen dringlichen Angelegenheiten die Jagdgenossenschaft zu vertreten, ohne dass es einer vorherigen Beschlussfassung bedarf. Eine solche ist dann spaeter nachzuholen.
Auszahlung Jagdgeld
Auch wenn in den Genossenschaftsversammlungen ein Beschluss ueber die Verwendung des Reinertrags erfolgt, auf dessen Grundlage dann ueblicher Weise die Auszahlung an die Jagdgenossen vorgenommen wird, bestehen keine Bedenken dahin, dass der Jagvorstand die Auszahlung auch ohne vorherige Beschlussfassung durch die Genossenschaftsversammlung taetigt. Denn die Auszahlung des Jagdgeldes ist ein ueberschaubarer einmal jaehrlicher Geschaeftsvorgang, bei dem der Jagdpachtzins anteilig je nach Flaechengroesse auf die Jagdgenossen verteilt wird. Diese Beschluesse werden grundsaetzlich in der Genossenschaftsversammlung durch die Genossen abgenickt, weil mit der Auszahlung keine rechtlichen Nachteile fuer die Genossen verbunden sind. Die Auszahlung kann durch den Jagdvorstand angeordnet werden. Ein Genehmigungsbeschluss kann dann in der naechsten Genossenschaftsversammlung nachgeholt werden.
Denkbar ist aber auch, dass die Auszahlung einfach noch fuer einige Wochen zurueckgestellt wird, bis eine Beschlussfassung hierzu getroffen werden kann.
Verpachtung
Bei Verpachtungen und Pachtvertragsverlaengerungen sollte je nach Sachlage unterschiedlich vorgegangen werden: Ist der Jagdvorstand zum Vertragsabschluss bereits in einer vorangegangenen Genossenschaftsversammlung ermaechtigt worden, so bedarf es keiner weiteren Beschlussfassung. Steht eine Pachtvertragsverlaengerung an, so kann diese durch den Jagdvorstand auch rechtsverbindlich ohne Genossenschaftsversammlung und Beschluss umgesetzt werden. In diesem Fall ist der Genossenschaft aber sehr zu empfehlen, in dem Vertrag eine Regelung aufzunehmen, wonach der Vertrag unter der aufloesenden Bedingung des Nichtzustandekommens eines alsbald nachzuholenden Genehmigungsbeschlusses durch die Genossenschaftsversammlung steht. Dies kann alternativ auch als Sonderkuendigungsrecht im Pachtvertrag aufgenommen werden. Damit ist gewaehrleistet, dass die Jagdgenossenschaftsversammlung die letztliche Entscheidungsgewalt behaelt, ob ein Vertrag dauerhaft Bestand hat. Ohne eine solche Corona-Sonderklausel waere die spaetere Nichtgenehmigung sonst unbeachtlich, da der Vertrag auch ohne Beschlussfassung der Genossenschaftsversammlung im Aussenverhaeltnis zu den Paechtern gueltig ist.
Bewerben sich fuer einen Jagdbezirk aber z.B. mehrere Paechter und ist nicht absehbar, welcher Paechter den Zuschlag in der Genossenschaftsversammlung erhalten wuerde, so ist durchaus auch denkbar, dass Revier mal einige Wochen nicht zu verpachten, bis dann eine Beschlussfassung erfolgen kann. So kann dann voruebergehend eine Eigenbewirtschaftung durch die Jagdgenossen erfolgen und ein verantwortlicher Jaeger fuer Angelegenheiten des Jagdschutzes benannt werden.
Abschliessend sei bemerkt, dass die Jagdgenossenschaften durchgehend vertreten sind und keine Handlungsunfaehigkeit droht. Die Interaktion zwischen den Gemeinden und den Jagdgenossenschaften hat bisher grundsaetzlich funktioniert. Die Verbaende der Jagdgenossenschaften und Eigenjagdbesitzer VJE und RVEJ unterstuetzen in der Coronazeit ueberdies die Jagdgenossenschaften mit Rat zum Umgang mit der Coronakrise.
Reh 05.02.2021